Danke Skifahren.

Seitdem ich denken kann, ist der Skirennsport ein essenzieller Teil meines Lebens. Unzählige wunderschöne Erlebnisse habe ich diesem Sport zu verdanken. Trotzdem ist es Zeit, diesen Lebensabschnitt hinter mir zu lassen und meine Karriere als professioneller Skirennläufer zu beenden. Zu diesem Anlass hatte ich die Ehre, mich selbst über die Beweggründe, Zukunftsaussichten und vieles mehr zu interviewen.

Julian, du (Wir sind per du, da wir uns schon eine Weile kennen.) beendest deine Karriere als Leistungssportler. Das werden viele verstehen, bei diesem Interessenkonflikt. 

Welchem Interessenkonflikt?

Naja, Skifahren ist nicht gerade für seine positiven Auswirkungen auf das Klima bekannt.

Mein Aktivismus ist nicht der Grund für meinen Rücktritt, im Gegenteil, er stand auf der Pro/Contra-Liste immer unter Pro-Weiterfahren. Obwohl ich nur ein paar Monate im Weltcup dabei war, und es währenddessen auch nur höchstens in die Top 20 schaffte, konnte ich in den vergangenen 2 Jahren innerhalb der Skiszene viel bewegen und hatte den Eindruck, meine Stimme gewinne in der österreichischen Öffentlichkeit an Gewicht. Das gab mir ein Gefühl von Selbstwirksamkeit, was mich sehr motivierte. Außerdem ist es mir wichtig, anzumerken, dass der Skisport eher Opfer als Auslöser der Klimakatastrophe ist. Er kann zwar besser, aber niemals klimaneutral werden, solange sich nicht unsere gesamte Gesellschaft transformiert.

 

Wie kommt es dann zu dieser Entscheidung?

Erstmal durch einen sehr langen Entscheidungsprozess. Letzten November, als ich nach meiner Knieverletzung wieder ins Training eingestiegen bin, habe ich gemerkt, dass mich dieser Sport nicht mehr so wie früher erfüllt. Ich habe erkannt, dass es für mich nicht mehr erstrebenswert wirkt, eine klassische Rennfahrerkarriere hinzulegen und mit 35 oder 40 zurückzutreten. Die anhaltenden Bandscheibenbeschwerden, die mich nun seit Anfang Dezember plagen, und die heurige erneut erschreckend lange Verletztenliste im Weltcup haben mir nochmal aufgezeigt, wie sehr ich meine körperliche Gesundheit riskiere. Ich habe lange mit mir gerungen, und nun entschieden, dass es mir das nicht mehr wert ist.

 

Wie geht es dir damit?

Sehr gut. Es ist ein wohltuender Befreiungsschlag. Etwas Bedauern ist auch dabei, weil ich damit auf ein paar spannende Möglichkeiten verzichte, aber damit kann ich leben.

 

Ich auch. Welcher Moment war der schönste deiner Karriere?

Für mich gibt es nicht den einen Moment. Aber es gab viele kleine Momente, an die ich noch lange zurückdenken werde. Zum Beispiel Trainingstage, an denen alles, Piste, Wetter, Form, usw., perfekt war, oder Rennen, wo plötzlich meine Familie mit einem Schild im Ziel stand, und ich merkte, dass sie stolz auf mich waren. Generell hat mir dieser Sport einen wunderschönen Lebensstil ermöglicht. Im Winter konnte ich manche Tage zum Powdern nutzen und ich genoss es auch, den Sommer in der Kraftkammer oder am Rennrad zu verbringen. Ich bin sehr dankbar, dass mir das alles ermöglicht wurde.

 

Welcher Erfolg war der größte für dich?

Sportlich würde ich sagen mein 18. Platz im Super-G von Beaver Creek, knapp vor der Silbermedaille in der Abfahrt bei der Junioren-WM 2019. Für mich persönlich sind meine größten Erfolge aber nicht auf Ergebnislisten, sondern in angesehenen Zeitungen und Magazinen zu finden. In meinem Zimmer gibt es einen Ordner namens Erfolge, worin ich Artikel, wie eine Geschichte über mich im Spiegel oder ein Interview mit der Zeit aufbewahre, Pokale und Medaillen hingegen verschenke ich lieber.

 

Kann ich bestätigen. Bereust du etwas?

Nein, bis auf Kleinigkeiten habe ich bisher alles richtig gemacht. Ich denke aber, ich würde es bereuen, würde ich den Absprung jetzt nicht schaffen.

 

Wie geht es jetzt weiter?

Da meine Rückenschmerzen nicht nachlassen, werde ich Anfang März operiert, gefolgt von ca. 3 Monaten Ruhe und Reha. Ich werde mein Studium abschließen und mich weiterhin fürs Überleben einsetzen, wobei meine Hoffnung darauf immer weiter schwindet. Vielleicht werde ich auch einfach ein oder zwei Jährchen Reisen gehen.

 

 

 

 

Die Fragen stellte Julian Schütter.

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